Max Kugel
Lieber Max, könntest du dich bitte kurz vorstellen und uns einen kleinen Einblick in deinen Tätigkeitsbereich geben?
Hallo, ich bin Max und betreibe mit meinem Team von insgesamt 13 Leuten eine kleine Brot-Bäckerei in der Bonner Südstadt.
Was ist das Konzept deiner Bäckerei?
Wir konzentrieren uns auf eine einzige Sache – Brot! Insgesamt zehn Sorten. Neun immer gleich und eine täglich wechselnde, die sich wöchentlich wiederholt. Wir halten alles so einfach wie möglich und heben diese Einfachheit auf das – für uns – höchste Niveau. Wir arbeiten ausschließlich mit unbehandelten Rohstoffen und verzichten auf alles, was heute leider zu oft zugesetzt wird, um ein optimales Ergebnis zu erzielen. Unser Zusatz ist Know How.
Wir öffnen erst am Vormittag und backen in den Tag hinein, um nachts nicht mehr arbeiten zu müssen. An fünf Tagen in der Woche und mit sechs Wochen Urlaub und geschlossenem Laden im Jahr.
Du kommst aus einer “Bäckerfamilie”. Wann war für dich klar, dass auch du dieses Handwerk ausüben willst? Was begeistert dich an diesem Beruf?
Die Ausbildung zum Bäcker sollte eigentlich nur als Lückenfüller dienen um im Anschluss, mit erreichen der Volljährigkeit, Koch zu werden. Mir lag das Handwerk des Bäckers jedoch sehr und ich beherrschte rasch die nötigen Fähigkeiten. Am Ende der Lehre wuchs die Leidenschaft zum Backen und ich entschied mich gegen die Ausbildung zum Koch. Beim backen kommt es auf so viele Kleinigkeiten an, die das Brot zu dem machen, was es am Ende ist. Und nur dieses eine Produkt zur Perfektion zu bringen, ist es, was mich jeden Tag auf’s Neue antreibt.
“Mein Wissen möchte ich an diejenigen weitergeben, die den gleichen Antrieb haben wie ich. So kann ich meinen Teil dazu beitragen, unser Handwerk, wie ich es für richtig halte, am Leben zu halten.”
Immer mehr Leute entscheiden sich dafür, ein Handwerk zu lernen. Besonders Bäcker:innen sind beliebt. Was glaubst du, welche Rolle das Handwerk in Zukunft spielen wird?
Ich denke, dass dir mit Erlernen eines Handwerks die Welt offen steht. Gerade in der Corona Zeit hat sich gezeigt, welche Berufe krisensicher und systemrelevant sind. Außerdem hast du als Handwerker die nötigsten Dinge immer dabei, dein Wissen und deine Hände. Also bewege etwas und lerne ein Handwerk!
Mittlerweile gibt es viele Bäckereien die zum Beispiel ausschließlich mit Sauerteig arbeiten und “neue Konzepte” ausprobieren. Braucht es davon noch mehr?
Die Entwicklung der letzten Jahre in unserer Branche ist enorm. Es gab viele Neugründungen auf Basis dieses von dir angesprochenen “neuen Konzeptes”. Ich sehe das jedoch mit gemischten Gefühlen. Die neuen Konzepte sind eins, aber ein ehrlich hergestelltes Produkt benötigt ein bisschen mehr. Die Komplexität, die eine Backware aus meiner Sicht transportieren muss um dem Genießenden die Idee des Bäckers zu vermitteln, wird noch nicht ausreichend gelebt. Von daher wird es zwar immer mehr Bäckereien geben, aber mehr Qualität deshalb noch lange nicht…
In recht kurzer Zeit hast du dir einen Namen gemacht. Warum ist dein Konzept so erfolgreich?
Meiner Meinung nach, die volle Fokussierung auf ein Produkt. Meine Idee traf im Vorfeld durchaus auf Skepsis aber ich hatte die starke Hoffnung, dass sie aufgeht und ich bin heute sehr froh, darin bestätigt worden zu sein. Ich lebe dieses Handwerk, wie vielleicht eine weitere Handvoll in Deutschland.
Was bedeutet es für dich als Bäcker mit regionalem Getreide und Landwirt:innen zusammen zu arbeiten?
Das ist gerade im biologischen Bereich und besonders in Nordrhein-Westfalen ein schwieriges Thema. Die Böden im Süden sind durch die Witterungsverhältnisse oft besser und liefern dem Getreide mehr Kraft als unsere in NRW. Wir beziehen unser Mehl von der Drax Mühle, 80 km von München entfernt. Hier besteht ein Vertrauensverhältnis, welches enorm wichtig ist und sogar in meinem Fall die Regionalität topt.
Braucht es deiner Meinung nach mehr Zusammenarbeit zwischen den Bereichen Gastronomie, – Landwirtschaft und– Lebensmittelhandwerk? Warum und wie kann man diese stärken?
Das wäre aus meiner Sicht ein klarer Mehrwert für alle. Die Synergien, die dadurch geschaffen werden, könnten durch den gemeinsamen Input die Wertigkeit der Produkte sowie das Bewusstsein steigern. Aktuell gibt es jedoch aus meiner Sicht noch nicht genügend Betriebe, die diese Idee vorantreiben wollen. Ich hoffe, dass sich dies bald ändert, denn gemeinsam ist man immer stärker als alleine.
Du bist viel unterwegs gewesen, warst in Städten wie San Francisco, Zürich, London und Vancouver. Wie hast du deine Erfahrungen aus dieser Zeit in deine heutige Arbeitsweise eingebracht?
Ich habe mir aus allen Städten die ich bereist habe das Wichtigste für meinen Laden und die Backstube herausgezogen. Den einheitlichen, dunklen Anstrich der Wände und Decke verdankt unsere Bäckerei meiner Zeit in London. Der Lifestyle in San Francisco aber auch die asiatische Gelassenheit – Alles habe ich miteinander kombiniert und neu vereint um es mit meinem Team jeden Tag zu leben.
“Ich denke, dass dir mit Erlernen eines Handwerks die Welt offen steht. […] Außerdem hast du als Handwerker die nötigsten Dinge immer dabei, dein Wissen und deine Hände. Also bewege etwas und lerne ein Handwerk!”
Welche Herausforderungen auf der einen Seite und welche Chancen und Möglichkeiten auf der anderen Seite siehst du jetzt und in Zukunft für deine Branche?
Wir haben zum einen die große Chance, unseren Beruf und die Produkte auf eine ganz andere Ebene zu heben und ihre Wertigkeit zu stärken. Auf der anderen Seite müssen wir uns auch bewusst werden, dass echte Qualität nicht im großen Stil und mit zig Läden möglich ist. Zumindest im Lebensmittelbereich ist dies ohne die Bereitschaft, Abstriche zu machen, nicht möglich. Qualität fängt bei einem Laden an, und hört beim zweiten auf…
Was sind die nächsten Ziele, die du für die Zukunft verfolgst?
Ich möchte unseren Betrieb und unser Handwerk noch bewusster leben. Im Bezug auf Rohstoffe und deren Herkunft möchte ich noch regionaler werden und Zutaten wie Walnüsse aus dem eigenen Land beziehen. Mein Wissen möchte ich an diejenigen weitergeben, die den gleichen Antrieb haben wie ich. So kann ich meinen Teil dazu beitragen, unser Handwerk, wie ich es für richtig halte, am Leben zu halten.
Fotos:
Johannes Dreuw | Rheinproduktiv