Julia Klüber und Paul Truszkowski – Wineadventures & Schluck Magazin
Julia Klüber und Paul Truszkowski sind die kreativen Köpfe hinter Wineadventures und dem Indie-Wein-Magazin Schluck. Wir haben mit Julia über ihre Weinleidenschaft gesprochen und natürlich auch über Nachhaltigkeit und die wichtigsten Trends der Weinbranche.
Was verbirgt sich hinter dem so spannend klingenden Namen Wineadventures?
Als Agentur für Markenbildung und Kommunikation begleiten wir Weingüter und Weinregionen ganzheitlich in allen Disziplinen des Marketings. Über alle Medien hinweg. Weinmarketing abseits der ausgetretenen Pfade ist unser tägliches Abenteuer. Wir erzählen Geschichten über die Herkunft eines Weins, seinen Geschmack und seinen Winzer beziehungsweise seine Winzerin: Geschichten, die berühren und im Gedächtnis bleiben. Und bei allem was wir tun empfinden und kommunizieren wir Wein nicht als elitär. Wir machen Wein mit allen Sinnen für jeden erlebbar.
Was unterscheidet euch von anderen Agenturen in Sachen Weinkommunikation?
Als Weinexperten sprechen wir die Sprache der Winzer, aber auch die der Weinhändler und Gastronomen. Wir haben selbst schon in sämtlichen Steillagen und im Weinein- und verkauf gearbeitet. Deshalb wissen wir genau was ein Winzer möchte, und auch seine Kunden, ganz gleich ob Weinprofi oder Weinfreund. Aus diesem Know-How ist dann letztlich Wineadventures entstanden.
Zum anderen unsere Vernetzung in der deutschsprachigen Wein- und Genusskultur-Szene: wir haben einen sehr guten und persönlichen Draht zu vielen Sommeliers, Händlern und Gastronomen. Natürlich spielt auch Berlin als unser Standort und unsere Wahlheimat eine große Rolle. Wir leben hier nunmal in der coolsten Stadt Europas! Hier etablieren sich Trends mit Strahlkraft. Keine andere Stadt bietet so viele kreativen Möglichkeiten. Und auch kulinarisch ist Berlin eine große bunte Spielwiese. Hier ist alles ständig in Bewegung. So wie der Wein und wir auch! (lacht)
Wie würdet ihr diese Bewegung in der Weinbranche beschreiben? Welche Trends zeichnen sich ab?
Viele Menschen kommen immer mehr auf den Geschmack, nach dem Bio-Boom. Dieses “generische Bio” ist nur die Grundlage. Die Frage ist vielmehr “Was kommt nach Bio”? In der Zukunft muss es neben einer nachhaltig ökologischen Bewirtschaftung mehr um soziale Fairness gehen. Wir können nicht das beste Bio-Gemüse vom nahe gelegenen Acker von am Hungertuch nagenden Amazon-Angestellten in den 6. Stock bringen lassen. Alle Menschen in der Wertschöpfungskette müssen fair bezahlt werden haben und dafür müssen wir eben einfach mehr bezahlen.
Die neue Genuss-Bohéme legt immer mehr Wert auf Qualität, Transparenz und Glaubwürdigkeit. Wo kommt der Wein her? Unter welchen Bedingungen und wie nachhaltig wird er hergestellt? Welche Haltung vertritt der Winzer? Ähnlich wie bei handwerklich hergestellten Produkten, zum Beispiel Käse, Brot oder Wurst, geht der Trend hin zu echten, ethisch und fair produzierten Weinen: artisanale, oft biodynamisch produzierte Weine. Gleichzeitig erleben fast ausgestorbene Rebsorten und traditionelle Produktionsmethoden (wie die angesagten Pet-Nats, die mit der méthode ancestrale entstanden sind und bis ins Frankreich des frühen 16. Jahrhundert zurückreicht) ein Revival.
Und immer mehr Menschen wollen guten Wein oder Käse nicht einfach nur konsumieren, sondern auch erleben. Auf dem Wochenmarkt, beim Winzer, beim Weinhändler oder im Lieblings-Restaurant an der Ecke. Dabei werden die Menschen auch experimentierfreudiger. Der Trend zum Wine-Food-Pairing macht neugierig und Lust auf das Entdecken neuer Weine und Geschmackskombinationen. Auch der Megatrend “Regionalität” ist beim Wein feststellbar: Deutscher Wein wird immer beliebter. Und während die Münchner beispielsweise gern Weine aus dem alpinen Raum trinken, kommen Weine aus Sachsen und Brandenburg immer häufiger in Berlin auf den Tisch.
Last but not least etabliert sich das Thema Gesundheit und Well-Being als Megatrend. Immer mehr Menschen verzichten auf Alkohol, allerdings nicht auf Geschmack und Genuss. Die Gastronomie muss sich diesem Trend anpassen. Die Weinkarte wird dann zur Getränkekarte mit einer Auswahl an alkoholfreien Alternativen, wie spezielle Säfte, oder Selbst-Vergorenes auf Kombucha- oder Kefirbasis. Auf den Weinkarten der Zukunft werden auch immer mehr Naturweine gelistet. Ebenfalls ein großer Trend, nicht nur bei uns, sondern auf der ganzen Welt.
„Natürlich spielt auch Berlin als unser Standort und unsere Wahlheimat eine große Rolle. Wir leben hier nunmal in der coolsten Stadt Europas! Hier etablieren sich Trends mit Strahlkraft. Keine andere Stadt bietet so viele kreativen Möglichkeiten. Und auch kulinarisch ist Berlin eine große bunte Spielwiese. Hier ist alles ständig in Bewegung. So wie der Wein und wir auch!“
Vielen Dank für diesen detaillierten Einblick. Welche Trends beobachtet ihr bei euren Kunden?
Wir merken, dass sich in unserer doch noch sehr traditionellen Branche etwas bewegt. Viele Kunden haben immer mehr Mut, neue Wege zu gehen. Der Trend zum Online Marketing zeichnet sich nun auch in unserer Branche ab (lacht), vor allem Content und Influencer Marketing werden immer wichtiger. Bei alldem geht es mehr und mehr um ein spannendes Narrativ. Egal ob Weinregion oder Weinmarke. Nur gut erzählte Geschichten begeistern. Eine schöne Entwicklung!
Darüber hinaus beschäftigen sich immer mehr Kunden stärker mit ihrer visuellen und inhaltlichen Neupositionierung. Die Pandemie zwingt sie dazu, sich neu aufzustellen. Weinregionen, die das verstanden haben, werden in Zukunft wesentlich relevanter wahrgenommen, was sich wiederum positiv auf die Kommunikation und den Vertrieb ihrer Produzenten auswirkt.
Wie sensibilisiert ihr eure Kunden, nachhaltiger zu wirtschaften beziehungsweise zu kommunizieren und wie lässt sich Nachhaltigkeit in den Köpfen ihrer Zielgruppen verankern?
Viele Kunden haben erkannt, dass ihre Weinberge umso widerstandsfähiger sind, je mehr Biodiversität vorhanden ist. Sie befassen sich heute viel intensiver mit dieser Thematik. Gerade die junge Generation der Winzerinnen und Winzer tauscht sich viel aus. Global.
Nachhaltigkeit bedeutet auch, unsere Kunden dahingehend zu sensibilisieren, langfristige Vertriebspartnerschaften aufzubauen – nicht nur die x Paletten schnell irgendwo loszuwerden.
Warum seid ihr Mitglied der Gemeinschaft geworden?
Die Gemeinschaft bedeutet für uns Gespräch, Austausch, Gemeinsamkeit, Zukunft. Unsere Branche, die Wein- und Genusskulturbranche, lebt von Gemeinschaft, Geselligkeit und Miteinander. Und Wein ist ein Getränk, das seine wahre Magie erst entfaltet, wenn man ihn in Gemeinschaft trinkt und bereit ist, ihn mit anderen zu teilen.
Natürlich teilen wir auch die Vision dieser Gemeinschaft, die ihr Wissen und ihre Werte auf eine inspirierende Art und Weise vermittelt. Wir schätzen das tolle Netzwerk: Die vielen Menschen aus unterschiedlichen Bereichen, die inspirieren, hinterfragen, anregen über den eigenen Tellerrand und das Weinglas hinauszublicken, die das große Ganze im Blick zu haben. Uns liegt mit dieser Kollaboration auch am Herzen, Winzer und Bauern mehr mit der urbanen Weinwelt da draußen zu verknüpfen und das Thema Weingenuss anfassbar und erlebbar zu machen. Denn obwohl sich immer mehr Menschen für Wein interessieren, haben viele immer noch Angst davor. Der Ausweg aus dem elitären Elfenbeinturm bedeutet für uns, Wein mit anderen Themen zu verknüpfen. Themen die Spaß machen wie Design, Architektur und Reisen. Und natürlich Geschichten über inspirierende Menschen zu erzählen. Denn wer schon mal Winzer und Bauern, Künstler und Kreative erlebt und in ihrem Refugium besucht hat, macht meist beeindruckende, prägende Begegnungen. Diese Begegnungen und daraus resultierenden Geschichten sind von Substanz in unserer hektischen, immer digitaleren Welt. Sie erden und geben uns ein Stückchen Authentizität zurück.
„Die Gemeinschaft bedeutet für uns Gespräch, Austausch, Gemeinsamkeit, Zukunft. Unsere Branche, die Wein- und Genusskulturbranche, lebt von Gemeinschaft, Geselligkeit und Miteinander. Und Wein ist ein Getränk, das seine wahre Magie erst entfaltet, wenn man ihn in Gemeinschaft trinkt und bereit ist, ihn mit anderen zu teilen. {…} Und natürlich Geschichten über inspirierende Menschen zu erzählen. Denn wer schon mal Winzer und Bauern, Künstler und Kreative erlebt und in ihrem Refugium besucht hat, macht meist beeindruckende, prägende Begegnungen. Diese Begegnungen und daraus resultierenden Geschichten sind von Substanz in unserer hektischen, immer digitaleren Welt. Sie erden und geben uns ein Stückchen Authentizität zurück.“
Was bedeutet für euch nachhaltige Weinkultur?
Weinberge, die schonend bewirtschaftet werden, und das Erhalten und Fördern der Artenvielfalt. Ein Wandel von einer radikalen, industriellen Massenproduktion und dem profitorientierten Ruf nach ‘schneller, effizienter, mehr’ hin zum ‘weniger ist mehr, im Einklang mit der Natur’, unterstützt von zukunftsweisenden Technologien.
Nachhaltige Weinkultur heißt für mich auch, fast vergessenen Rebsorten wieder eine Chance zu geben und sie vorm Aussterben zu bewahren, aber auch offen für neue Technologien und Neuzüchtungen zu sein, wie etwa pilzwiderstandsfähige Sorten (PIWIs). Für all das brauchen wir auch mehr Biodiversität in der Gastronomie: Köche, Sommeliers und Gastronomen als Botschafter einer neuen Vielfalt auf unseren Tellern und in unseren Weingläsern. Und natürlich auch die Komponente der sozialen Fairness, die ich anfangs schon erwähnt habe.
Wie ist die Idee zu Schluck entstanden, dem anstößigen Weinmagazin, das ihr seit 2015 im Eigenverlag publiziert und gerade als Online-Magazin weiterentwickelt?
Wir wollten ein junges, frisches, unabhängiges Magazin für junge Weinkenner und -fans entwickeln, das es so auf dem deutschen Markt bisher noch nicht gab und bis heute nicht gibt. Ein Magazin das authentische Weinkultur in all ihren Facetten erlebbar macht.
Wichtig war und ist uns dabei, das Thema Wein zu entstauben und auch für Laien verständlich zu machen. Statt Punkte für Weine zu vergeben und intellektuell daher zu schwafeln, berichten wir ungeschönt und ehrlich von interessanten Menschen, ihrem Handwerk und ihren Geschichten. Mit allen Ups und Downs. Und mit viel Meinung und humorvollem Twist, unabhängig, “anstößig” eben.
Welche Themen liegen euch bei Schluck am Herzen?
Das Thema Wein ist bei uns immer präsent, jedoch nicht zwingend Protagonist. Die Leidenschaft für Wein trifft bei Schluck auf Kulinarik und Genuss, Design und Architektur, Reisen, Kultur und Musik. Wie beim Wein lautet unsere Devise: es soll schmecken und Spaß machen beim Lesen. Und das tut es nur ohne den erhobenen Zeigefinger und ein spielerisches Verknüpfen von Weinkultur, Kreativität und Lebensart.
Außerdem legen wir bei Schluck großen Wert auf Nachhaltigkeit. Weil wir unseren Kindern und Enkelkindern etwas schulden. Nämlich, in Zukunft verantwortungsvoller mit unserem Planeten umzugehen. Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, nach fünf Jahren gedrucktem Content, ausschließlich online weiterzumachen. Auch um viel aktueller zu werden und Trends besser abzubilden.
Und weil Wein bekanntlich erlebt und geschmeckt werden will, ergänzen wir die neue Welt von Schluck mit Events und Weinerlebnissen, die Weinkenner und Weinfreunde zusammen bringen.
Vielen Dank für das Interview und deine Zeit!
Fotos:
Schluck Magazin