Gasthaus Canow

 

Liebe Lea, lieber Auriel, gemeinsam betreibt ihr in einer ehemaligen Stellmacherei das Gasthaus Canow südlich der Müritz an der Grenze zu Brandenburg. Wie ist dieses Projekt entstanden? 

Uns beiden war schon länger klar, dass wir uns gemeinsam selbstständig machen wollen. Mit einem Ort, der unsere Werte und unser Gefühl von Gastronomie und Gastgeber zu sein, widerspiegelt. Wir haben viele Touren durchs Berliner Umland gemacht und sind dann glücklicherweise durch David und Viola vom Erdhof Seewalde auf das alte Haus gestoßen. Und dann haben wir überlegt, wie unsere Ideen ganz konkret an diesem Ort Wirklichkeit werden können, ein Konzept und Businessplan geschrieben und los ging es.

 

Ihr habt euch bewusst dazu entschieden, von Berlin auf’s Land zu ziehen. Welchen Charme bietet die Region und was macht euch als Gasthaus besonders? 

Die Region um uns herum ist einerseits landschaftlich total wunderschön. Es gibt unendlich viele Seen, Wald und Wiesen, Felder. Und es ist natürlich nicht so dicht besiedelt. Das heißt, es gibt viel Platz sich zu erholen. Aber auch viel Platz, damit Neues entstehen kann. Und genau das wollen wir auch mit unserem Gasthaus. Wobei unsere Ideen natürlich gar nicht neu oder außergewöhnlich sind, wir versuchen lediglich einen schönen Ort mit regionaler und nachhaltiger Gastronomie zu erschaffen – wo klar ist, wo die Lebensmittel aber auch z.B. die Baustoffe herkommen.

Ihr beherbergt nicht nur Gäste, sondern bietet auch andere Angebote und organisiert Veranstaltungen. Was erwartet Besucher:innen und welche Motivation steckt dahinter?

Wir haben viele Ideen und Pläne, was wir noch alles bei uns machen können oder wollen. Vieles haben wir dann aber auch erstmal wieder zurück gefahren, weil es natürlich während der Pandemie nicht möglich war. Wir hatten schon Lesungen bei uns, kleine Konzerte, Meditation und Yoga, manches davon findet nach wie vor unregelmäßig statt. Und sobald wir räumlich besser aufgestellt sind, werden wir das auch weiter ausbauen. Und natürlich möchten wir gerne mehr Veranstaltungen im Bereich Food machen. Wir möchten gerne einfach ein Ort sein, an dem man sich wohl fühlen kann, sich erholen kann und erfährt, wie man simpel mit den Zutaten aus der Region kochen kann – und wie gut es dann schmeckt! Und so auch wieder ein bisschen die Wertschätzung gegenüber den Lebensmitteln und den Menschen dahinter, den Akteuren und Produzenten zurück zu bringen.

 

Für euer Café bezieht ihr einige Lebensmittel von Erzeuger:innen aus der Region. Wie ist es euch gelungen, diese Beziehungen aufzubauen?

Einige Produzenten kannten wir schon aus unserer Zeit in Berlin, wie schon erwähnt zum Beispiel David und Viola vom Erdhof Seewalde. Wir waren schon befreundet als wir begonnen haben und von den beiden haben wir auch einige wertvolle Tipps bekommen. Und dann haben wir auch einfach viel recherchiert, Leute kennengelernt, sind rumgefahren und haben geschaut, was gibt es und wer kann uns ggf. beliefern. Und das machen wir eigentlich, soweit es die Zeit zulässt, nach wie vor. Zumindest halten wir immer die Augen offen nach neuen Partnern aus der Region.

“Wir fänden es toll, wenn wir es schaffen, in der Region mit vielen Partnern das Thema nachhaltige Lebensmittelerzeugung etwas mehr auf die Speisekarten zu rücken.”

Einen Teil der Lebensmittel erntet ihr aus eurem eigenen Garten. Könnt ihr etwas darüber erzählen?

Ja, das war unser ambitionierter Start ins Gärtnern und Selbermachen. Wir haben uns gedacht: “Jetzt haben wir einen Garten und schauen halt, was wir selber hinkriegen”. Das hat auch ganz gut geklappt, aber wir haben auch schnell gemerkt, dass wir die Mengen, die wir bei uns brauchen, erstmal nicht durch unsere Eigenproduktion hinkriegen. Deswegen gibt es bei uns viele Kräuter, Tomaten und sehr viel Obst. Aber auch hier möchten wir in Zukunft gerne noch mehr erreichen.

 

Wie ist euer Eindruck, ist ein Umdenken innerhalb des Lebensmittelsystems schon in eurer Region angekommen? Was braucht es eurer Meinung nach, um den Wandel voranzutreiben?

Hier müssen wir leider selbst immer wieder feststellen: Den meisten Menschen ist es hier zwar nicht ganz egal, wo die Lebensmittel herkommen oder wie diese erzeugt wurden, aber am Ende, also dann im Supermarkt vor dem Regal zählt doch nur der Preis. Und das ist auch für uns immer wieder sehr ernüchternd. Wir sind glücklicherweise ein Ort, wo die Leute dem Thema vielleicht ein bisschen anders gegenübertreten, aber unterm Strich fehlt es wirklich noch an sehr sehr vielen Ecken.

Unserer Meinung nach müsste es wirklich nach wie vor mehr Kommunikation geben, wie Lebensmittel entstehen. Obwohl wir uns auch immer wieder denken, mittlerweile müsste es wirklich jeder Mensch wissen. Aber das ist leider nicht so. Und dann braucht es wirklich ein Umdenken auch in der Politik und eine andere Preispolitik in der Subventionierung von Lebensmittel. Und der Wertschätzung gegenüber dem Prozess der Herstellung. Zum Beispiel, dass biologisch regional erzeugte und vermarktete Lebensmittel niemals teurer sein dürfen, als das gleiche Produkt, dass an einem ganz anderen Teil der Erde hergestellt, unter hohem Energieaufwand transportiert, ggf. noch für den Transport behandelt wurde etc…

Wie sehen eure Pläne für die Zukunft aus? Gibt es konkrete Projekte, die ihr umsetzen möchtet?

In der Zukunft möchten wir unser Gasthaus gerne mit unseren Ideen weiterbringen und ausbauen. Wir planen noch den Ausbau unseres Nebengebäudes mit Seminar-/Yogaraum und kleiner Backstube. Wir möchten noch einen Anbau wieder instandsetzen, um auch einen Ort für kleine Gruppen und für Veranstaltungen zu haben. Und natürlich auch das Thema Coworking etwas bei uns einbinden.

Und wir fänden es toll, wenn wir es schaffen, in der Region mit vielen Partnern das Thema nachhaltige Lebensmittelerzeugung etwas mehr auf die Speisekarten zu rücken.

Fotos:

Jonathan Tschaikowski | Severin und Kaja Smith | Auriel Tschaikowski

 

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